Mobbing – der Kampf am Arbeitsplatz

Unter dem Schlagwort „Mobbing“ wird seit einigen Jahren versucht, ein schon seit langem bekanntes Phänomen zu erfassen und arbeitsrechtlich in den Griff zu bekommen.

Der Begriff Mobbing ist dem amerikanischen Sprachgebrauch entlehnt. „to mob“ heißt so viel wie anpöbeln, bedrängen, über jemanden herfallen. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist ein jeder froh, der einen Arbeitsplatz – und damit ein gesichertes regelmäßiges Einkommen – sein eigen nennen darf. Der Kampf um einen Arbeitsplatz findet aber nicht nur zwischen Arbeitsplatzbesitzern und -nichtbesitzern statt. Erbitterte Gefechte werden in den Betrieben geführt, vielfältig und mit teilweise subtilen Methoden. Das Spektrum reicht von Nichtbeachten über abwertende Äußerungen, Nachahmen und Nachäffen von Verhaltensweisen, aggressive und abwertende Äußerungen über die Vergabe sinnloser Arbeitsaufträge, überzogene und kleinliche Bewertung der Arbeitsergebnisse bis zu offenen Anfeindungen, Schikanen, Beleidigungen und Psychoterror. Das Motiv ist, durch eine Vielzahl gezielter kleiner Stiche den Betroffenen mürbe zu machen, damit er von sich aus kündigt. Die Folgen des Mobbing sind vielfältig. Sie reichen von seelischem Druck und Krankheit des Betroffenen mit teilweise bleibenden psychischen Schäden bis hin zum Suizid. Dabei handelt es sich nicht nur um ein Individualproblem des vom Mobbing Betroffenen. Die Unternehmen haben unter einem zunehmend schlechteren Betriebsklima zu leiden. Auswirkungen sind verminderte Leistungen durch „innerlich gekündigte“ Arbeitnehmer, auch die Abwanderung der Leistungsträger bis hin zu Kosten der Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer, die an den Folgen der Mobbingmaßnahmen erkrankt sind. Für die Gesellschaft ergeben sich insgesamt negative Folgen durch ein verändertes Miteinander, das durch Angst und Aggression geprägt ist bis hin zu erhöhter Gewaltbereitschaft.

Welche Möglichkeiten bestehen nun, sich gegen Mobbing zu wehren? Zunächst einmal hat der Betroffene das Recht, sich beim Vorgesetzten oder Personalchef zu beschweren und Abhilfe zu verlangen. Dieses Beschwerderecht ist in § 84 Abs.1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) ausdrücklich geregelt und setzt keinen existierenden Betriebsrat voraus. Hält der Arbeitgeber die Beschwerde für berechtigt, wird regelmäßig die Anerkennung von Ansprüchen und damit ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis sowie eine arbeitsvertragliche Zusage zur Behebung der Beanstandungen vorliegen.

Hilft der Arbeitgeber der Beschwerde nicht ab – etwa wenn das Mobbing von ihm selbst ausgeht – bleibt dem Betroffenen die Möglichkeit, den Klageweg zu beschreiten, was er allerdings von Fall zu Fall sorgfältig abwägen sollte. Daneben kann der Betroffene vom Arbeitgeber verlangen, daß dieser die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit schützt und fördert. Hierzu gehört auch, daß auf seine berechtigten persönlichen Belange Rücksicht genommen wird, §75 BetrVG. Verstößt der Arbeitgeber hiergegen schuldhaft, so kann der Betroffene Schadenersatz in Geld wegen meist zugleich vorliegender Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten verlangen.

In der Praxis wird der Arbeitnehmer aber wohl erhebliche Schwierigkeiten haben, einen konkreten Schaden zu beziffern, so daß ein Schadenersatzanspruch häufig scheitern wird. Allerdings könnte der Betroffene bei schwerwiegenden Vertragsverstößen des Arbeitgebers ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen, d.h. seine Arbeitsleistung einstellen bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit entsprechender Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

Was kann der Betroffene tun, wenn das Mobbing nicht vom Arbeitgeber, sondern – wie meist – von einem oder mehreren Kollegen ausgeht?

Der Arbeitgeber bzw. Dienstvorgesetzte muß sich in diesem Fall vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen und ihn schützen. Er kann für diesen z.B. ausdrücklich eine Ehrenerklärung abgeben. Er muß ihn auch vor einer ungerechtfertigten Druckkündigung schützen. Der Arbeitgeber kann auch direkt gegen den „Mobber“ vorgehen wegen dessen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung. Jeder Arbeitnehmer ist aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, auf seine Kollegen Rücksicht zu nehmen.

Gerade im Arbeitsverhältnis hat diese Pflicht wegen des personalen Charakters des Dauerschuldver- hältnisses eine besondere Bedeutung. Dem Arbeitgeber stehen eine ganze Palette von Möglichkeiten offen, gegen den Mobber vorzugehen. Sie reichen von der einfachen Rüge über eine Abmahnung bis hin zur Versetzung, Verhängung einer Betriebsbuße oder dem Ausspruch einer ordentlichen ja sogar außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Der durch Mobbing Geschädigte kann auch selbst geeignete Schritte gegen den Mobber unternehmen. Er wird von ihm den Widerruf einer ehrverletzenden Erklärung oder unwahren Tatsachen- behauptung sowie Schmerzensgeld wegen Gesundheitsschädigung verklagen können. Daneben besteht die Möglichkeit, Strafanzeige wegen Beleidigung, übler Nachrede oder Verleumdung zu erstatten und die Ansprüche im Wege der Privatklage zu verfolgen. Zusammenfassung: Ein von Schikanen und Psychoterror betroffener Arbeitnehmer muß diese Angriffe nicht schutzlos hinnehmen. Er kann und sollte sich dagegen wehren und gegebenenfalls anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Der von Mobbing Betroffene sollte sich zunächst – soweit vorhanden – an den Betriebsrat wenden, um mit dessen Hilfe praktisch auf dem kleinen Dienstweg Abhilfe zu schaffen. Die rechtlichen Möglichkeiten sind derzeit nicht befriedigend. Oft stellt sich das Problem der Beweislast oder daß die einzelnen kleinen Stiche für sich allein betrachtet noch nicht, sondern erst in ihrer Gesamtheit justiziabel sein werden. Wenn die Mobbingmaßnahme vom Arbeitgeber selbst ausgeht oder dieser sich nicht schützend vor den Betroffenen stellt und gegen den Verursacher vorgeht, dann sind die rechtlichen Möglichkeiten sehr begrenzt.

Dennoch ist die Arbeitsgerichtsbarkeit in letzter Zeit zunehmend sensibilisiert. Das BAG (Bundesarbeitsgericht) hat kürzlich die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber habe dann die Schulungs- kosten eines Betriebsratsmitgliedes zum Thema „Mobbing“ zu tragen, wenn dessen Teilnahme zur sachgerechten Bewältigung seiner Aufgaben im Betrieb erforderlich sei. (BAG, v. 15.01.1997 – 7 ABR 14/96)

Der Arbeitgeber sollte Führungskräfte im mittleren und oberen Management auf dem Gebiet der sozial-psychologischen Führung schulen, um Mobbing rechtzeitig erkennen zu können bzw. durch ein gutes Betriebsklima erst gar nicht entstehen zu lassen.

Die DAG und die AOK haben ein gemeinsames Mobbing-Telefon eingerichtet. Auch das Münchener Mobbing-Center (089/6060-0070) gibt Auskunft.

Teilen